Wölflings-Sommerlager 1999 in Regensdorf

Nee nee nee, so viel Sand! , dachte der Herr sich am Ende der Woche; nahm sich seine neuesten echt coolen Förmchen, kratzte den letzten Rest von Sand und Lehm zusammen und formte eine Gruppe von kleinen Menschen.
Dann wickelte er sie noch in ein bißchen orangen Stoff, nannte sie Wölflinge und ließ sie in einem kleinen Ort im tiefen Bayern auf die Erde plumpsen. Und da hatten wir den Salat.
Statt an irgendeinem schönen Karibikstrand zu liegen und uns die Sonne auf den Detz brennen zu lassen, durften wir unser diesjähriges Wö-Lager in einem „Dorf des Regens“ verbringen.
Aber das sollte sich bald als eines der kleinsten Probleme herausstellen bzw. völlig in Form eines kleinen Mißverständnis-Wölkchens verpuffen. Eines von vielen Mißverständnissen.
Zum Beispiel dem, daß die Leiter viel Arbeit und Mühe in die Vorbereitung des Lagers gesteckt hatten. Daß sie die ganze Woche als mittelalterliches Festspiel planten. Sich mehr oder weniger Gedanken machten mit den Kindern die Woche über Spaß zu haben. Und die Idee, wir hätten unter den Kiddies und Leitern ein paar ausgeflippte dabei war erst recht völliger Humbug.

Nee nee, der ganze Stuss resultierte ja nur aus unserer eigenen plötzlichen Erschaffung. Und natürlich mit dem damit verbundenen Plumps auf die Erde. Dieser bescherte den meisten einen kleinen Dachschaden, so daß sie sich wie Schorsch als Ritter von Ruhm und Adel verhielten. Oder andere sich bei Schwertkämpfen unter der Dusche die Zähne ausschlugen. Na ja, der ganze Krimskrams mit Gott und soo war uns ja alle gar nicht so bewußt. Also wars letztendlich wie jedes So-La.
Eine Woche mehr oder weniger am Rad drehen und dabei Spaß haben. Der Platz Burg Regelsdorff ist echt gut gelegen. Mit einem Ver(walter), dem Walter, der uns die Wünsche praktisch von den Augen ablies. Da hatte unsere Gruppe es nicht schwer sich gleich heimisch zu fühlen. Sobald die Zelte in den Himmel ragten, drängte uns der Pioniergeist Baden Powells, zu erkunden, woher dieses kleine Dörfchen Regensdorf seinen seltsamen Namen her hatte….In einem Wasserloch endete unser Pfad….. Loch Regen, nein kein eingedeutschter Name eines schottischen Hochlandsees aus Ramirez Zeiten. Vielmehr ein ultimatives Abenteuer-Freibad, wo alles frei war.

Der angrenzende Karibikstrand (glück gehabt), die aufgeschütteten Badeinseln, die reißenden Strömungen des Wehrs, das abkühlende Wellenbad für durchgeknallte Leiter, sogar der Eintritt. Kein alltäglicher Donau-Zufluß und jedenfalls für die nächsten Tage, kein einsamer. Ratzfatz, der Geist des alten Raubritters mit der stählernen Raubkralle und dem fürchterlichen Gesicht, er sollte das Schicksal der nächsten Tage dieses Lagers entscheidend mitbestimmen. Nach ihm benannte unser Rudel – welches man zumindest nach der spannenden Höhlentour als „Das dreckige Dutzend“ bezeichnen könnte – die eigens errichtete Lagerburg. Mit einem etwas nassen, sehr nassen, schrecklich nassen Regenschauer erhielt sie und der Goldfischteich prompt den göttlichen Segen.
Und…keine 36 Stunden später wurde Burg Ratzfatz zur Schnecken-Freien Zone erklärt. Von Schorsch, der seinem Namenspatron Georg, dem Drachentöter, mit vollem Eifer hinterher hinkt. Raus aus den Federn, der Tag bricht an, die Sonne lacht, die Phantom II kracht, (über unseren Köpfen). Egal, kommt raus ihr müden Tiere, dachte sich eines Morgens der schöne Klaus und schleppt uns auf eine Wandertour durch unerforschtes Neuland. Mit Schäferhut und Hirtenstab voran, der Klaus ist voller Tatendrang, seine Schäfchen hinterher, wie aufgescheuchte Rebhühner, (mit eingeschlafenen Füßen). Die Sonne hielt sich nicht ganz so lang, wie wir (Leiter) wandern wollten.

Aber wat solls, bisschen Schwund is imma. Kinnas, da dürft ihr nicht her, das ist eine Autobahn. Aber die Richtung war schon gut. Dachte sich der Klaus, na der fiese Schorsch wirds ihm wohl geflüstert haben, durchs Abwasserrohr fanden bisher nur Wenige Pfade. Also packen wirs an. Und eine unfreiwillige Schlammschlacht folgte….. Die Statistik zeigt uns ein klares Bild: Wölflinge reagieren auf nächtliche, „blutige“ Angriffe von freilebenden Leitwölfen auf Leiter ausgesprochen negativ. Daher ziehen wir es vor, auch mal die weniger wilden Orte dieser Gegend aufzusuchen.
Regensburg bietet ein gutes Ziel. Auch wenn dieses doofe Schlecht-Wetter-Wort in allen möglichen Ortsnamen einem doch beträchtlich auf den Senkel geht. Die große Denkerhalle, das Akropolis-ähnliche Teil, na dieses Gebäude, was mich unweigerlich immer wieder an ein unvollständiges männliches Pferd erinnert (ich weiß nicht warum), auf jeden Fall, das Ding, was sich Wallhalla nennt durfte die wilde Wö-Gruppe auch noch ertragen. Hmm…..achso…ja. Duschen ist ja immer wieder so ein Problem auf Lagern. Hat man vor Ort gute sanitäre Anlagen? Muß man sich erst noch das Loch für den Donnerbalken graben? Die verrostete Gießkanne für die Dusche Marke Eigenbau suchen? Na ja, diesmal war es (aus Rücksicht für die Wö’s) fast wie Zuhause. Tolle Duschen, tolle Klos, bei McWalter ist´s einfach gut!!! Wir bieten Ihnen erstklassige, verzinkte Duschköpfe aus echtem Krupp-Stahl. Für manche Leute noch lange kein Grund sich außerhalb der gewöhnliche Badesee-Zeiten mit Wasser zu beflecken. Spätestens, als der Klärschlamm der durchwanderten Abwasserrohre vom Körper auf die Frühstückstische bröckelte….Oder die körperlichen Bewegungen aufgrund von eingetrocknetem Höhlenschlamm auf der Haut langsamer wurden, begannen die ersten offensiven Gegenmaßnahmen. Kind, komm her!!! Klick. Rausch. Spritz. Naß. Ahhhhh…Iiiiihhhh….Wassssserr… Genau, das mit der Höhle war einfach genial. Für viele der heimliche Höhepunkt des Lagers. Obwohl wir nichts weiter taten, als durch enge, schlammige, stockdunkle Gänge unter der Erde durch zu robben. Der Weg ist das Ziel. Mit dieser Einstellung und nicht der geringsten Ahnung, ob’s irgendwo da vorne weitergeht, probierten wir jede Spalte. Jeder Gang, jeder Pfad ein Abenteuer. Dunkle Schluchten, eiskalte Wasserlöcher. GOLLUM, den wir hinter jeder Ecke erwarteten.

Und Leute die bisher ihr kurzes Leben dem Forst, dem Zeichentrick oder der Freiwilligen Feuerwehr zuwandten, entschieden sich nun unweigerlich, endgültig für den Lebensweg als Höhlenforscher. Nach etwa anderthalb Stunden erblickten unsere Augen wieder das grelle Tageslicht. Boor, Cool. Wer will nochmal? Und schwupp waren alle wieder drin, im Felsloch. Diesmal etwas länger… …….Düsteres Licht. Fackeln erhellen den schon dunklen Vorplatz der Burg Ratzfatz. Von weitem hört man eine jubelnde Menge. In einer kleinen Kapelle am Rande der Wolfsschlucht, wo sich noch vor Tagen ein grausames Wolfsgemetzel ereignete, werden die flüsternden Stimmen immer leiser. Die imaginäre, schwere Eichen-Tür wird knarrend aufgestoßen. Im fahlen Licht erkennt man das Brautpaar, das zur Lagerhochzeit schreitet. Im kleinen Kreise der ritterlichen Familie werden sie heute für ein Leben nach dem Lager zusammenfinden. Die donnernde Stimme des Hochwürden schmettern stotternd die heiligen Worte durch den kleinen Raum. Durch die offene Eingangstür schallt das Echo noch Dörfer weiter und die ganze Umgebung feiert heute Nacht.
Die letzte Nacht dieses ultimativ guten Lagers. Von weit her sind Besucher gekommen, um diese letzte Nacht mitzuerleben. Die Klampfe begleitet die Gesänge durch die tiefe schwarze Nacht….. …….und irgendwo da oben kriegt jemand Kopfschmerzen, nimmt seine neuesten, echt coolen Förmchen und schmeißt sie auf die nächste Sondermüll-Deponie.

© 1999 by Thomas „Nobbi“ Nober